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Sicher nicht! (Der Bedarf an Sicherheit steigt sprunghaft. Bringt das was?)

Wie das Feuer Nahrung braucht, um hell brennen zu können, so braucht auch der Hass Nahrung. Das hat er mit der Gewalttätigkeit gemein.

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Die Hauptbotschaft im Film „Eyeborgs“ lautetet: „Du hast es nicht mit deinen Augen gesehen, sondern mit ihren.“ Anspruchsvolle Meinungsbildung ist freilich anstrengender, als den Info-Dreck zu fressen welchen uns der Boulevard vor die Türen kippt. (Quelle: Wallpaper von der offiziellen Website)

In der Science Fiction-Klamotte Eyeborgs von Richard Clabaugh spielt Ober-Bösel Danny Trejo ausnahmsweise eine Guten, nämlich den Instrumentenbauer „G-Man“, der gegen die Tyrannis rebellieren wird und dabei etwas salopp Benjamin Franklin zitiert: „Wer Sicherheit über Freiheit stellt, verdient beides nicht.“

Das ist gut gebrüllt und gefällt mir sehr. Franklin soll das im 18. Jahrhundert etwas differenzierter ausgedrückt haben: „Those who would give up Essential Liberty to purchase a little Temporary Safety, deserve neither Liberty nor Safety. Noch besser gebrüllt. Gefällt mir entsprechend mehr. Dabei wollte ich diesmal ein moderateres Thema anpacken.

Kürzlich fragte mich der Herausgeber ganz en passant, ob ich nicht wieder einmal etwas schreiben könnte, was direkt mit Graz zu tun hat. „Siha“ hätte mein Sohn geantwortet, wenn ihm nach Zustimmung gewesen wäre.

Unsere Kinder leisten, während sie unter dem Generalverdacht der „Kulturschande“ stehen, gelegentlich ziemlich spaßige Jargon-Beiträge. „Siha“, genauer: sicherlich, hab ich oft nicht sofort kapiert, was dieses oder jenes Wörtchen bedeutet, wenn es zum Beispiel via SMS daherkam; etwa „sry“. Wird’s einem verraten, wundert man sich, warum der Groschen nicht sofort gefallen ist. Wenn mein Sohn einem Vorschlag oder einer Anregung nicht zustimmen möchte, meint er also „sry“; was „sorry!“ bedeutet, also: „Tut mir leid!“

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Zwischen Wien und Triest war der Lendplatz eine wichtige Station und die Nr. 21 ergab den ältesten in Graz erhaltenen Kasernenbau. Heute befindet sich darin ein Wachzimmer, mit nostalgischen Details.

Wie ich jetzt auf meinen Sohn komme? Gleich! Also Graz. Da dachte ich, ich könnte was über die Alte Poststraße erzählten. Vom Namen her ist in Graz nur noch ein Rudiment verblieben, das amtlich zwischen Göstinger Straße und Harter Straße besteht. ich halte es für recht interessant, wie und warum einst die „Commercial-Haupt- und Poststraße“ errichtet wurde, um Wien, das Zentrum eines Imperiums, mit dem Hafen von Triest zu verbinden. Genau! Das lässt auch an die Triesterstraße denken.

Aber jetzt Oslo und Utøya. Es kommen einem ja die Themenwünsche völlig durcheinander! Nein, stimmt auch nicht. Da war in der Abfolge zuerst noch die Geschichte von dem zehnjährigen Buben, den es umgehauen hat, als sein Vater auf die Landmine trat. Der Vater hat es nicht überlebt, der Bub muss mit dieser Erfahrung leben. Das geschah nur wenige Autofahrstunden von hier, lange nach den Kriegen in Jugoslawien. So was passiert bei den südslawischen Leuten heute noch gelegentlich. Es liegt zu viel explosives Zeug in der Gegend herum.

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Ihre Fahrt in den Urlaub könnte Sie leicht auch durch solche Gebiete führen. Zwischen Vinkovci und Vukovar bleibt man besser auf der Straße.

In wenigen Tagen werde ich wieder unterwegs sein. Nach Vukovar und nach Srebrenica. Kommt man über Vinkovci in das kroatische Vukovar, welches serbische Verbände 1991 flach gemacht haben, säumen noch heute Warnschilder den Straßenrand. In den schönsten blühenden Wiesen liegen Landminen.

Ich war in Omarska und in Kozarac, wo Leute massakriert wurden. Findet sich Gelegenheit, mit Überlebenden, die schweren Misshandlungen und Todesdrohungen ausgesetzt waren, an einem Tisch zu sitzen, forscht man in den Gesichtern vergeblich nach beredten Zeugnissen der Tyrannis.

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Grazer Fundstück: Vor dem Sommer 2010 habe ich im öffentlichen Raum noch keinen Hinweis auf Srebrenica entdeckt. Die vielen Toten etwa aus der Umgebung von Prijedor sind in unserem Bewusstsein gar nicht erst angekommen.

Das Ungeheuerliche hat nur in Ausnahmesituationen ungeheuerliche Züge. Wenn es an uns heranreicht, zumindest unsere Nähe berührt, zeigt sich meist nichts Auffallendes. Wenn uns aber Bilder und marktschreierische Berichte über Gräuel zugestellt werden, sehe ich unter meinen Leuten große Aufregung. Unruhe. Wie trügerisch unser Wohlstand stattfindet. Aus dieser Illusion möchten wir nicht herausgerissen werden.

Einige Tage nach dem Massaker von Utøya zeigte unser Innenminister, wie leidenschaftlich sich unsere Spitzenpolitik mit dem Boulevard im Staub solcher Aufregung wälzt. In der „Krone“ las ich am 27.7.11 die Headline: „Mittel ergreifen, dass das bei uns nicht passieren kann“. So raunte Innenpolitik-Cheforakel Peter Gnam angesichts der Äußerungen von Außenminister Spindelegger nach blutigem Massaker von Oslo“.

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Typisches Politik-Karaoke: Da wird Befindlichkeitsprosa ausgestreut, die ja offenkundig ein nachvollziehbares Gefühl ausdrückt, aber es gibt weder Mittel noch Strategien, um das hier großspurig Versprochene jemandem zusichern zu können. (Quelle: Kronenzeitung)

(Kleiner Einschub: Ein blutigem Massaker. Soso! Haben wir je von einem unblutigen Massaker gehört? Das klingt so präzise wie „der katholische Papst“ oder „die weibliche Justizministerin“. Geschwätzigkeit!)

Es ist natürlich völliger Schmonzes, wenn jemand ausposaunt, er werde „Mittel ergreifen, dass das bei uns nicht passieren kann“, denn es gibt keine Mittel und keine Strategien, die sicherstellen würden, „dass das bei uns nicht passieren kann. So redlich sollte ein Politiker schon sein, dass er uns keine derartigen Boulevard-Wuchteln reindrückt.

Wie die aufgescheuchten Hühner, denen ein Fuchs im Nacken sitzt, gackern Herren und Damen solche „Feel Good-Meldungen“ in die Welt: "Wir müssen die Konsequenzen aus den Attentaten in Norwegen ziehen und alle notwendigen Mittel ergreifen, damit so eine Tat in Österreich nicht passieren kann.“ (26.07.2011) [Link]

ÖVP-Ministerinnen wollen die volle Anti-Terror-Härte (22.06.2011)

Was ist das für eine Phrasendrescherei? Angesichts der düsteren Seiten, die manche Menschen gelegentlich hervorkehren, ist die Ankündigung von „Voller Anti-Terror-Härte“ eine beachtliche Großmäuligkeit.

Dazu fällt mir vor allem zweierlei ein. Erstens ist „volle Härte“ nun schon seit einer Ewigkeit und drei Tagen ganz offensichtlich kein allzu wirkungsvolles Mittel gegen trainierte und bewaffnete Menschen, die den Tod in Kauf nehmen, wenn sie zu einer ultimativen Aktion ausrücken. Dagegen hilft auch keine Armee, wie unzählige Beispiele belegen.

Zweitens hat aus dem genannten Grund das Hochrüsten einer Staatsmacht Grenzen der Nützlichkeit. Ich bin mit dem staatlichen Gewaltmonopol recht einverstanden, denn wenn es hart auf hart geht, rennen die meisten von uns sicher um ihr Leben, statt jemanden aus einer Bedrohung rauszuhauen oder Gewalttäter zu stoppen. Aber wo es gegen den Terror geht, und das meint „Anti-Terror-Härte“ vermutlich, sind vor allem kulturelle und politische Mittel sehr viel wichtiger, erfolgversprechender.

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Reise und Transport ist Jahrtausende eine Mühe voller Hemmnisse und Gefahren gewesen. So ein römischer Reisewagen war antikes High Tech und nur bevorzugten Kreisen verfügbar. Die „Commercial-Haupt- und Poststraße“ aus dem 18. Jahrhundert hatte außer der antiken Römerstraße, die man nördlich von Graz noch kennt, kaum Vorläufer. (Foto: © Nicolas von Kospoth, Creative Commons)

Genau! Ich meine Prävention. Ich meine das Ringen um gesellschaftliche Verhältnisse, in denen auf Menschenverachtung und Demütigung verzichtet wird. Politisches Personal, das auf Redlichkeit setzt, müsste uns wohl solches großspurige Gehampel, wie ich es eben erlebe, ersparen. Statt dessen sollten wir hören, dass es auf dieser Welt für niemanden hundert Prozent Sicherheit gibt und dass uns vor einem Mann im Extrem, wie es dieser Täter von Oslo und Utøya wohl ist, niemand schützen kann, falls sich unsere Wege grade im falschen Moment kreuzen.

Ich bin überzeugt, nicht einmal die Ausstattung eines Polizeistaates könnte so ein Ereignis mit Sicherheit ausschließen. Reden wir also über das Leben, wie es ist. Reden wir darüber, dass wir sehr empfindlich reagieren, wenn uns jene Gefahrenpotenziale zugemutet werden, die nur einige hundert Kilometer weiter der Menschen Alltag sind.

Ich habe schon angedeutet, dass Kinder in Bosnien, Kroatien, Serbien oder im Kosovo prinzipiell viel höheren Gefahren ausgesetzt sind als unsere, obwohl eine Fahrt nach Bregenz länger dauert als eine Fahrt zu den meisten von ihnen.

Sicherheit ist sehr ungleich, sehr ungerecht verteilt. Und sie ist, wie uns der norwegische Schrecken zeigt, auch bei uns im „Westen“ letztlich mehr als durchlässig. Ich rede ja noch gar nicht davon, dass es heißt, am Horn von Afrika seien gerade zwölf Millionen Menschen vom Hungertod bedroht. Ich strapaziere bloß den Radius unserer durch Medien etwas verstärkten Wahrnehmung, in dem wir selbst noch irgendwie konkret zu reagieren imstande sind.

Wir können durch staatliche Einrichtungen, Nachrichtendienste und geschultes, waffentragendes Personal einige Gefahrenpotenziale eingrenzen. Das meiste, was wir aber tun können, und damit ist eine Kraft gemeint, die der Feuerkraft von automatischen Karabinern nicht nachsteht, ist kultureller Natur.

Wie das Feuer Nahrung braucht, um hell brennen zu können, so braucht auch der Hass Nahrung. Das hat er mit der Gewalttätigkeit gemein. Das gesamte zwanzigste Jahrhundert belegt, was wir im 21. stets neu herausfinden: Jedem Massaker, soweit es irgendwelche politischen Implikationen hat, geht ein Krieg der Worte voraus. In diesem „Vorlauf“ des Grauens können wir handeln, eingreifen.

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Der Täter von Oslo und Utøya als
ranghoher Oberkellner: Ich weigere
mich, sein Gesicht zu zeigen, und
ich habe begonnen, seinen Namen
zu löschen. Er sollte nur noch als
„Der Fall“ zur Diskussion stehen
und keine weltweite Bühne errichtet
bekommen. Bildquelle: „A Euro-
pean Declaration of Independence.

Eine Dämonisierung des norwegischen Täters gibt uns weder Aufschluss über seine vermutlich pathologischen Seiten, noch bietet sie jenen Kontrast, in dem wir an uns selbst besser sehen können, bis wo hin, bis zu welcher „Weggabelung“ wir mit solchen Menschen sehr viel gemeinsam haben.

Mich interessiert, um es genauer auszudrücken, vor allem, was das „Normale“ an dieser ganzen Geschichte ist, von dem aus es dann auch ins Mörderische zu kippen vermag. Ich werde also erst bei nächster Gelegenheit von der Commercial-Haupt- und Poststraße erzählen, die einst durch Graz führte. Aber im Augenblick beschäftigt mich noch mehr, was das Massaker von Utøya für ganz Europa ausdrückt und sichtbar macht. Was es an den Menschen vor Ort bewirkt hat, werden die Hinterbliebenen dort lösen müssen. Doch in der ganzen Geschichte liegt auch etwas, zu dem wir alle die Rahmenbedingungen geschaffen, zugelassen haben...

© Martin Krusche, Jahrgang 1956, freischaffender Künstler, Exponent von „kunst ost

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