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Ist verantwortungsvolles Spielen mehr als nur ein Schlagwort?

Österreich steht vor einer umfassenden Reform seines Glücksspielgesetzes. Diese kommt zu einem Zeitpunkt, an dem die derzeit gültigen Lizenzen ihrem zeitlichen Ende zuneigen.

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Verantwortungsvolles Spielen muss durch konkrete Maßnahmen sichergestellt werden

Mit Herbst 2027 endet das sogenannte Stadtpaket, die Lotterie- und die Online-Lizenz der Casinos Austria, ein Jahr später folgt das sogenannte Landpaket für die bestehenden stationären Casinos in Österreich.

Völliger Neustart?

Die neue Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsabkommen auch die Neuregelung des Glücksspiels in Österreich festgeschrieben. Diese soll die Branche auf völlig neue Beine stellen. Dabei stellt sich jedoch die Frage, ob es hier lediglich um eine Steuermaximierung geht, oder ob der Spielerschutz zukünftig tatsächlich verstärkt werden wird.

Derzeit gleichen die Zuständigkeiten in Österreich einem Dschungel. Der Bund ist ebenso zuständig wie die Länder, Sportwetten gelten gesetzlich nicht als Glücksspiel und der Boom der Online-Casinos verhindert ohnehin ein durchsetzbare Gesetzgebung.

Schließlich sind Online-Casinos rund um die Uhr zugänglich. Die Betreiber arbeiten mit Lizenzen aus anderen Ländern, deren Bestimmungen nicht mit der österreichischen Gesetzgebung übereinstimmen. Ein Blick auf die Bewertungsseite Casino.org Österreich zeigt, dass eine Vielzahl an Unternehmen am heimischen Markt aktiv ist, ohne jedoch über eine österreichische Lizenz zu verfügen. Das bringt die Lizenznehmer im Land zunehmend unter Druck.

Immerhin gibt es in Österreich nur eine einzige gültige Online-Lizenz, Inhaber ist Win2day, eine Tochterfirma der Casinos Austria. Diese waren jahrzehntelang unter „Kontrolle“ des Staates, der bis heute eine Beteiligung von einem Drittel an dem Konzern hält. Doch die Mehrheit liegt seit einigen Jahren in Händen eines tschechischen Unternehmens, das die Casinos Austria kontrolliert. Diese kontrollieren auch die Spielbank in der steirischen Landeshauptstadt Graz

Unübersichtliche rechtliche Situation

Angesichts der Vielzahl an Glücksspielen wird die Übersicht für heimische Spieler jedoch zunehmend unübersichtlich. So stellt sich die rechtliche Situation im Moment dar.

  • Die grundsätzlichen Bestimmungen finden sich im österreichischen Glücksspielgesetz. Dieses regelt, was erlaubt ist und was nicht.
  • Daneben können jedoch die Bundesländer eigene Lizenzen im Bereich der Spielautomaten vergeben. Das führt zu der absurden Situation, dass einige Bundesländer das sogenannte „kleine Glücksspiel“ erlauben, andere hingegen nicht. Die Bestimmungen hängen zudem davon ab, wo sich der Spieler geografisch gerade befindet.
  • Für Online-Casinos vergibt Österreich lediglich eine einzige Lizenz. Der Inhaber Win2day ist zwar auf dem Papier ein Monopolist, in der Praxis muss das Unternehmen jedoch gegen eine Vielzahl nicht lizenzierter Betreiber aus dem Ausland ankämpfen.
  • Obwohl dieser Schwarzmarkt Win2day deutlich zusetzt, hat das Unternehmen erst in jüngster Vergangenheit ein neues Live-Casino-Studio für seine Online-Seite eröffnet. Das Know-how dafür kam ausgerechnet von einem der großen Online-Casino- und Slots-Provider, dessen Angebote Win2day eigentlich nicht im Land sehen möchte.
  • Die Bundeshauptstadt Wien hat bereits vor Jahren das „kleine Glücksspiel“ verboten, doch dieses Verbot ist in der Praxis wirkungslos. Verantwortlich dafür sind ausgerechnet die Casinos Austria. In ihrer Lotterielizenz ist die Möglichkeit vorgesehen, sogenannte Video-Lotterie-Terminals aufzustellen. Diese sind für Spieler kaum von herkömmlichen Slots zu unterscheiden. Mittlerweile stehen diese Geräte auch in Wien und untergraben das Verbot.
  • Sportwetten sind in Deutschland Bestandteil der Glücksspiel-Gesetzgebung. In Österreich ist dies anders. Nach einem Entscheid des Obersten Gerichtshofs aus dem Jahr 2024 handelt es sich bei Sportwetten nicht um Glücksspiele.

Die Glücksspiel-Größen des Landes unterliegen keinen strengen Werbebeschränkungen, wie man diese aus unserem Nachbarland Deutschland kennt. Ganz im Gegenteil, sie gehören zum öffentlichen Erscheinungsbild und sponsern nicht nur zahlreiche Sportarten und Veranstaltungen, sondern sind auch in der Kultur höchst aktiv.

Was ist Spielerschutz im Detail?

Angesichts dieses Auftretens und der Fülle an unterschiedlichen Bestimmungen ist es wenig verwunderlich, dass Spieler oft den Eindruck bekommen, dass es sich bei dem Begriff Spielerschutz lediglich um ein Marketinginstrument ohne tiefere Bedeutung handelt.

Doch unter verantwortungsvollem Spielen versteht man eigentlich zahlreiche Maßnahmen, die ein sicheres und kontrolliertes Spielumfeld garantieren sollen. Glücksspiel soll eine unterhaltsame Freizeitbeschäftigung bleiben und nicht zur Sucht führen. Die dazu nötigen Maßnahmen reichen von Einzahlungslimits über Selbstsperren, einer zentralen und anbieterübergreifenden Sperrdatei bis zu Datenzugängen, Werbebeschränkungen und Aufklärungskampagnen. Selbst bei einer Implementierung hängt der Erfolg immer noch von einer konsequenten Kontrolle ab. Das zeigte zuletzt ein Fall in Deutschland, bei dem ein lizenzierter Betreiber die Überschreitung von Einzahlungslimits zuließ und jetzt die Verluste des Spielers zurückzahlen muss.

Marketinggag oder echtes Anliegen?

Viele Glücksspielanbieter werben offensiv mit dem Begriff „verantwortungsvolles Spielen“, doch die Realität erweist sich oft als widersprüchlich. Schließlich überschwemmen die Betreiber gleichzeitig den Markt mit Boni und personalisierter Werbung. Das riecht für Kritiker der Branche nach Doppelmoral, sie fordern daher umfassendere gesetzliche Lösungen.

Diese Rolle kommt jetzt der neuen österreichischen Bundesregierung zu. Sie hat die Chance, das Glücksspiel in Österreich neu zu regeln und dabei auf Erfahrungswerte anderer Länder zurückzugreifen. So hat Deutschland bereits vor vier Jahren zahlreiche Maßnahmen zum Spielerschutz umgesetzt, die eine nähere Betrachtung wert sind.

Die Pläne für Österreich sind im Detail noch nicht bekannt. Im Regierungsabkommen ist lediglich die Rede von einer umfassenden Neuregelung, Netz- und Paymentsperren sollen den Markt vor unregulierten Anbietern schützen. Ob diese Maßnahmen allerdings ausreichen, ist höchst fraglich, denn sie lassen sich technisch leicht umgehen. Wenn das neue Glücksspielgesetz ein Erfolg werden soll, dann wird die Regierung nicht um eine umfassende gesellschaftliche Diskussion herumkommen.

Bildrechte

© Bild von Felikss Veilands auf Pixabay

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