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Der Druck am Arbeitsmarkt steigt, die Krise bringt auch die Psyche ins Wanken. In Frankreich erschütterte eine Selbstmordserie die France Télécom. Die Arbeitsbedingungen bei der Post treiben die Franzosen auf die Straße.
60 Prozent der Österreicher sehen sich von der Krise betroffen, zeigt eine Studie im Auftrag des Verbands der Psychologen. Die Kosten für die Behandlungen psychischer Erkrankungen belasten die Wirtschaft.
Die Wirtschaftskrise schlägt den Österreichern schwer aufs Gemüt. Beinahe 60 Prozent leiden unter den konjunkturellen Turbulenzen, zeigt eine aktuelle Karmasin-Studie im Auftrag des Berufsverbands der Psychologen. Burnout-Syndrome, psychische Erkrankungen und Mobbing am Arbeitsplatz nehmen zu.
EU-weit machten die Kosten für die Behandlung der Erkrankungen bereits bis zu vier Prozent des BIPs aus, warnt Verbandspräsidentin Ulla Konrad.
Der Anteil der Österreicher, der sich von der Krise betroffen fühlt, sei überraschend hoch, sagt Sophie Karmasin - auch wenn nicht jeder unter ihnen finanziell beeinträchtigt sei. Karmasins Institut hat 600 Österreicher befragt und 100 Interviews mit Personen geführt, die als Folge der Krise arbeitslos oder in die Kurzarbeit geschickt wurden.
Bei 17 Prozent der Bevölkerung führe das raue wirtschaftliche Umfeld zu Zukunftsängsten, mitunter begleitet von Schlafstörungen. Gut ein Fünftel sorge sich um die Familie und erlebe dabei ein Gefühl der Machtlosigkeit. Unter Druck fühlten sich vor allem Österreicher mit geringer Schulbildung. 42 Prozent der Arbeitslosen und Kurzarbeiter gaben an, dass ihr Stress gestiegen sei. Ein Drittel rauche mehr. Bei einem Viertel schlage sich die unsichere Jobsituation auf private Beziehungen nieder, gut 17 Prozent sprechen von höherem Alkoholkonsum.
Psychologische Hilfe suchen nur wenige: Neun Prozent entschieden sich dafür, 37 Prozent griffen lieber zu Medikamenten. Konrad sieht erheblichen Handlungsbedarf, denn die Hemmschwellen, um zum Psychologen zu gehen, seien zu hoch. Auch die Krankenkassen müssten mehr Kosten übernehmen. Das erspare letztlich mehr, als etwa die Folgen von Syndromen wie Burn-out der Wirtschaft kosteten. Unterm Strich habe sich die Zahl an Krankenständen aus psychischen Gründen seit 1994 verdoppelt. Ei-ne Million Österreicher leide zeitweise unter dem Gefühl des Ausgebranntseins am Arbeitsplatz.
In Frankreich erschütterte eine Serie von Selbstmorden die France Télécom. Als Motiv nannten viele in Abschiedsbriefen die schlechteren Arbeitsbedingungen.
Der Wirtschaftspsychologe Othmar Hill ortet eine weitere Baustelle. Seiner Erfahrung nach sind 40 Prozent der Österreicher im für sie falschen Job, was Ängste verstärke. Es fehle an professioneller Berufsberatung, er vermisse zudem einen nationalen Beschäftigungs-Masterplan. Tatsache sei, dass in Zukunft ganze Industriezweige verschwinden und neue Arbeitsverhältnisse wie Berufe entstehen würden.
Hill übt harte Kritik an den Arbeitsstiftungen: Da würden Millionen Euro investiert, ohne zu überprüfen, ob die gesetzten Bildungsmaßnahmen sinnvoll seien. Ähnlich absurd sei es, Postler plötzlich zu Polizisten machen zu wollen. (Verena Kainrath, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 13.10.2009)
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